Zweieinhalb Jahre. Keine Konzerte. Keine Parties. Kein Restaurant-Besuch (Innen). Ausschließlich mit Maske unter Menschen. Nur das engste Umfeld in Kontakt. Impfungen, wann immer möglich.

Alles Makulatur. Krebs-OP kann eins halt nur schlecht verschieben. Und in Krankenhäusern fühlt sich Covid19 richtig wohl.

Aber von Anfang an: Wie in meinem anderen Post beschrieben, war ich Anfang Oktober zu Gast in der Uniklinik Frankfurt, um mich von meiner Prostata und dem ihr innewohnenden Krebs befreien zu lassen.

Vier Tage nach der OP bekam ich in der Nacht Fieber (vermutlich aber schon am Abend vorher, das fiel bloß nicht auf) und es wurde umfangreiches bloodwork durchgeführt und ein PCR-Test gemacht, dessen Ergebnis aber erst am Nachmittag vorliegen würde.
Also noch dazu ein Schnelltest (der unangenehmste, den ich je hatte, sehr schmerzhaft), der sofort einen fetten zweiten Strich im T-Feld erbrachte und die Station in hektisches Durcheinander brachte.
Innerhalb weniger Minuten wurde ich auf demselben Flur auf eine andere Station in ein ‚Covid-Zimmer‘ gebracht, zu diesem Zeitpunkt war ich der zweite auf dem Zimmer, bald sollten wir zu viert sein.

Abgesehen von meiner unbändigen Wut über die Ansteckung war da vor allem Angst, aufgrund meiner Behinderung und einer möglichen Schwellung im Kehlkopf ziemlich fix das Zeitliche segnen zu können.
Vor und nach dem Transport in das Zimmer hatte ich schon ein paar Stilblüten hören dürfen, die ich Euch nicht vorenthalten will.

„Aber ist doch toll, dann sind Sie nach dem milden Verlauf immun.1“ (Krankenpflegerin)
„Wie kommen Sie darauf, dass Sie sich hier angesteckt haben? Gehen Sie nicht einkaufen?2“ (Krankenpflegerin)
„Das ist in ein paar Tagen vorbei, ich hatte das auch und es war ganz easy.“ (Ärztin, ohne Behinderung, ca. 30 Jahre alt)

Zu meiner Behinderung wusste dann auch niemand weiter. Überwachung gibt es nicht, ist ja nur normale Station und der Blutsauerstoffwert war vorhin doch Klasse. Es war jedenfalls keinem dieser Halbhirne vermittelbar, dass eine Stimmbandlähmung ein sehr mechanisches Problem ist, das sich nicht wirklich für den SpO2-Wert von vor ein paar Minuten interessieren muss.
Ich war in mittlerer Panik, weil mir vollkommen klar war, was sonst niemand klar war – das es sehr schnell kritisch werden kann und die hier haben das nicht auf dem Schirm. Zuhören war auch nicht.
Kim hat sich dankenswerter eingeschaltet und zusammen mit Jenny knapp sechs Stunden auf den beiden Stationen Ärzte und Pflegepersonal auf einen aktuellen Stand gebracht und anscheinend auch ordentlich auf Trab gehalten. Am späten Abend kam dann tatsächlich eine Ärztin auf die Idee, Cortison zu verabreichen, um damit Schwellungen weitgehend auszuschließen zu können und zum ersten Mal in über 16 Stunden konnte ich ein wenig entspannen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mehrfach das Thema ‚antivirale Medikamente‘ angesprochen, aber das berühmte Kamel und das Nadelöhr…

Während ein Hausarzt das einfach verschreibt, muss im Krankenhaus die Infektiologie ran. Gesehen habe ich von denen nie jemand, die Beurteilung läuft also über stille Post. Von Leuten, die jeweils nur ihr Fachgebiet sehen. Dass die Urologen von Stimmbändern nicht viel wissen, ist nicht verwunderlich, aber auch diese Expertise ist ja im Haus kurzfristig abrufbar, war es ja auch, als es um die Anästhesie ging. Die Infektiologie hat das jedenfalls als nicht kritisch betrachtet und Paxlovid gab es erst auf massiven Druck über Klinikleitung 3 (!) Tage später.
Das ‚Covid-Zimmer‘ war auf der Chirurgie, da kamen dann Aussagen wie ‚Ah, ihre Stimmbänder können also plötzlich krampfen? Sollen wir ihnen Sauerstoff geben?‘3 Nein. Wenn ihr wollt, könnt ihr natürlich, es ändert nur nichts. Wenn nichts durchgeht, geht auch kein Sauerstoff durch und solange ich atmen kann, habe ich auch genug O2 – siehe SpO2 weiter oben…
Symptome ansonsten zu diesem Zeitpunkt: Leichte Fieberschübe, leichte Kopf- und Gliederschmerzen. Nach drei Tagen wie gesagt Paxlovid, dann ging es ein wenig schlechter, das Zeug knallt böse rein, aber immer noch erstaunlich gut.

So gut, dass erwogen wurde, mich in häusliche Isolation zu entlassen. Positiv und ansteckend. Hurra.

Trotzdem haben Jenny und ich beschlossen, dass alles besser ist, als dort weiter so merkwürdig betreut zu werden 4. Zu Jenny geht es auch nur zwei Stockwerke hoch, Bockenheim in den 4. würde ich sicher nicht schaffen.
Und tatsächlich wurde ich am Folgetag abends mit einem Rotkreuz-Krankentransport nach Kronberg gefahren.

to be continued…


Titelbild von Micha auf Pixabay

Show 4 footnotes
  1. Ja, vielleicht eine ganze Woche… Wer erzählt euch so einen Quatsch
  2. Dazu würde ich gerne ein Video der Visite vom Morgen einspielen. Ärzte und Masken, auch so eine ‚combination of heterogenous speres‘, wie mein Englischlehrer gesagt hätte
  3. Der freundliche Pfleger war übrigens lautstarker und überzeugter Impfgegner. Just for the record.
  4. Was ich zu Pfleger*innen zu erzählen hätte, die jedes Patientenbedürfnis als persönliche Beleidigung ansehen…

sparta

Antifascist. He/His. Get vaccinated. Wear a mask. Jede*r anders, alle Drama. Quality misunderstandings since 1963. Change is constant.

3 Kommentare

Jascha oder: tomate 🏳️‍🌈 🍅 · 7. Dezember 2022 um 16:13

@donsparta es ist alles so unfassbar… ich bin so froh, dass es nicht schlimmer gekommen ist!

    sparta · 7. Dezember 2022 um 16:44

    Das ist total lieb von dir. Ich häng immer so ein wenig bei dem ‚aber ich hab es ja überlebt, das war doch dann alles nicht wirklich schlimm‘.
    So ’ne Art Imposter-Syndrome in Bezug auf Behinderung/Krankheit und überhaupt.
    Auch nicht so gesund, das… ;-)

rdfhrn · 7. Dezember 2022 um 17:37

Einfach Gute Besserung! Mit allem. Komm wieder auf die Beine.

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