tl;dr: Krebs kam zurück, Strahlentherapie
Ich hab in Jahresrückblicken und einzelnen Artikeln hier im Blog schon erwähnt, dass der bei mir 2022 diagnostizierte und im selben Jahr mit Operation (Prostatektomie) ‚therapierte‘ Prostatakrebs einen „manchmal kommen sie wieder“-Moment hat.
Sprich, durch den regelmäßig überprüften PSA (Prostata-Spezifisches-Antigen)-Wert wurde über den ständigen Anstieg bis über eine gewisse Marke ein sogenanntes Biochemisches Rezidiv diagnostiziert, das bedeutet, die Krankheit schreitet fort und es muss überprüft werden, ob es sich um ein Lokalrezidiv, also an der Stelle, an der die Prostata war, handelt, oder ob der Krebs Metastasen gebildet und sich sonstwo im Körper ausgebreitet hat.
Die spezifische Untersuchung hierauf ist ein PET-CT, dieses wurde Anfang Dezember in der Uniklinik Frankfurt durchgeführt. Die gute Nachricht war, dass keine Metastasierung vorliegt und es sich somit höchstwahrscheinlich um ein Lokalrezidiv handelt.
Eine weitere OP scheidet aus, das Mittel der Wahl ist dann Bestrahlung. Ich hab viele unterhaltsame Informationen dazu bekommen, die wenigsten haben gestimmt und ich schreibe diesen Beitrag hauptsächlich, um mal aus erster Hand einen Erfahrungsbericht zur Verfügung zu stellen, denn sowas hätte mir sehr geholfen – gefunden habe ich sowas aber nicht.
Mit den Unterlagen von PET/CT und einer Überweisung meiner Urologin habe ich in der Strahlenklinik der Uniklinik Frankfurt einen Termin ausgemacht. Zuerst wurde ich zu einem Aufklärungsgespräch geladen, bei dem wirklich alle Details zu Aus- und Nebenwirkungen an- und besprochen wurden.
Als nächstes stand in der Folgewoche ein Planungs-CT an, bei dem das zu bestrahlende Gebiet festgelegt wird und die genaue Lageposition in dem LINAC (Elektronen-Linearbeschleuniger) festzulegen. Da sich das Gerät während der Bestrahlung um das zu bestrahlende Gebiet herum bewegt, ist dieses ‚Einmessen‘ sehr wichtig. Dann bekommt eins Kreuze aufs Becken (siehe Bild) und den oberen Schambereich gemalt und baden fällt für die Bestrahlungszeit komplett flach.
Damit sind wir beim Umfang. Erreicht werden soll eine Strahlendosis von 70 Gray (Gy), in Einheiten à 1,8 Gy / Tag, also 39 Termine, 5 Tage die Woche, 8 Wochen lang. Termine gibt es von einem Tag auf den anderen, also vergiss alle Planung und längerfristigen Termine. Gut, nicht komplett – das überaus professionelle und total freundliche Personal bemüht sich, flexibel auf Wünsche der Patienten zu reagieren, je flexibler und freundlicher eins selbst ist, desto besser ist auch das Echo, wie eigentlich überall.
Die Bestrahlungszeit selbst ist ein Witz, das dauert nach dem Positionieren knapp zwei Minuten. Aus- und Anziehen dauert schon länger, die Anfahrt natürlich erheblich mehr.
Der genaue Ablauf: Du wirst aufgerufen, gehst in eine Umkleide, machst dich unnerum nackig, ein Handtuch um die Hüften, eines für die Liege im LINAC, dann geht es in den Raum mit dem LINAC (siehe unten), Fuß- und Kopfschale sind schon vorbereitet auf dich, anhand von Messlinien (wie ein Laser beim Hausbau) wirst du zurechtgerückt, dein Handtuch über den Genitalbereich und dann verlassen die Mitarbeiter den Raum, der LINAC dreht sich langsam surrend mit einem Warngeräusch für die Strahlenemission im Halbkreis um dich und dann wieder zurück. Ende.
Nach knapp zwei Wochen setzten bei mir die Nebenerscheinungen ein, das sind in aller Regel Schmerzen beim Wasserlassen (es brennt, mal mehr, mal weniger. Wenn mehr, hilft Ibu 400). Ein paar Tage später geriet meine Verdauung aus der Regel und das ist ein wenig unangenehm, aber nicht wirklich schlimm. Durchfälle, das Gefühl zu müssen, ohne das was passiert.
Das unangenehmste ist ein bisweilen imperativer Harndrang, sprich, du musst JETZT SOFORT. Kriege ich aber zumindest gut geregelt und kann das auch mal weg atmen. Bei einer Wanderung im Wald war aber gefühlt mal jeder zweite Baum meiner…
Es kann auch heftiger werden, aber davon weiß ich (noch) nichts. Man geht aber davon aus, dass jetzt nach 2/3 der Behandlung nichts mehr weiter auftritt, weil sich eine Balance zwischen Gewebestrapaze und Gewebeerholung einstellt.

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Stabsstelle Integrierte Kommunikation • CC BY-SA 3.0 de
Die ärgerlichsten Momente der letzten Wochen hatten nur am Rande mit der Bestrahlung zu tun. Dazu zählten:
– ein Zusammenrappeln mit einer kommunikativ herausgeforderten Ärztin1
– Gleisarbeiten bei der lokalen StraBa-Linie (ich mein, ausgerechnet jetzt?)
– Streik bei Verdi und die gesamten Auswirkungen (bin dafür, aber wirklich jetzt?)
– „Ich verschreibe ihnen was, das hilft vielleicht, kostet einen Haufen Geld und die Krankenkasse übernimmt es nicht.“ „Ich glaube nicht, Tim.“
Ansonsten ist es aber wirklich relativ easy, bin häufig ein wenig müde und schlafe oft länger als früher, sonst merke ich aber wenig von der ganzen Affäre.
Jetzt muss es nur noch erfolgreich sein.
I’ll keep you posted.
7 Kommentare
PitWD · 18. März 2025 um 20:49
@donsparta
Hallo "Partner"… Ich dokumentiere mein #Prostatakarzinom (mHSPC) hier auf mastodon seit ner ganzen Weile… und versuche für #Vorsorge zu sensibilisieren.
Bei mir beginnt nächste Woche die Bestrahlungs-Planungs-Phase.
Es sind bei mir auch 39 Bestrahlungen in 8 Wochen angedacht. 3 Metastasen im Becken. Rezidive auf den Lymphbahnen und der Loge. RPE war im Juli 2024 (PSA 78 – ja… achtundsiebzig).
Puhh, wenn ich Deine bisherigen Nebenwirkungen lese…🙈
1/3
PitWD · 18. März 2025 um 20:49
@donsparta
2/3
Hast Du mal Spasmex bekommen? Reduziert den Blasenreiz und führt oft auch zu Verstopfung…🙈 – Aber wenn die Bestrahlung zu Blasenreiz und Durchfall führt…🤷♂️
Ich habe mittlerweile Botox in die Blase bekommen und brauche das nicht mehr – aber wenn die Bestrahlung mich ähnlich mitnimmt ist S wohl das erste an was ich denken würde…
Habe viel in Deinem Blog gelesen:
Dein Satz "…Grundhass auf diese Einrichtung zu manifestieren…" tut mir wahnsinnig leid!
PitWD · 18. März 2025 um 20:50
@donsparta
3/3
Ich erlebe das totale Gegenteil… Als ich z.B. zum Erstgespräch wegen Bestrahlung in ein KH bin in dem ich nie zuvor war wurde ich mit den Worten "Hallo Herr Demmer. Schön dass ich sie jetzt auch mal persönlich kennen lerne" empfangen.
Ich bin wegen meiner "Superlative" mittlerweile ein bunter Hund in der Tumorkonferenz – und das ist ziemlich cool weil alle wissen dass ich tief im Thema stehe und es kommunikativ keine Probleme mehr gibt.
sparta · 19. März 2025 um 08:24
Hey <3
Zu erst mal vielen Dank für deine Ausführungen, ich folge Dir jetzt auch auf Mastodon mit meinem Haupt-Account.
Die Geschichte mit dem Grundhass bezieht sich definitiv nicht auf die Strahlenklinik. Da habe ich bisher nur die besten Erfahrungen gemacht. Das kann ich für die Urologie leider nicht unterschreiben, das fing mit einem falschen Rezept vor der Biopsie an, ging mit einer kaputten Liege während der Biopsie weiter, die dann repariert wurde, während ich schon die Sonde im Arsch hatte (knapp 30 min), der Operateur verkündete mir 'Glückwunsch, Herr Wenz, sie sind geheilt.' Wie man sieht, ist das nicht so. Es endete mit einer Covid-Infektion direkt nach der OP und das Handling derselben war sowas von dilettantisch, dass ich mit sehr unschönen Vorahnungen wieder hin bin wg. der Bestrahlungen.
Aber diese Klinik kann wirklich was. Dazu schreibe ich die Tage nochmals.
Alle Daumen für dich gedrückt - wir hören voneinandern, ich hab noch ein paar Fragen, die ich aber hier nicht stellen werde.
sparta · 19. März 2025 um 08:29
Ich finde die Nebenwirkungen nicht wirklich beeinträchtigend, hatte mit mehr gerechnet. Es brennt halt a bisserl, das ist es aber auch. Ich hab jetzt ein oder zweimal in den letzten Wochen eine Ibu genommen – das Brennen lässt aber auch nach, wenn du viel trinkst, was natürlich den Harndrang nicht gerade verringert. Aber irgendwas ist ja immer.
PSA 78 ist ein Knaller. Ich hatte 6, aber Normalwert war um die 2,2 – Vorsorge habe ich schon seit über 15 Jahren laufen.
Wolfgang · 19. März 2025 um 04:22
Ohje… die besten Wünsche von mir, und eine baldige und vollständige Genesung falls irgendwie möglich. Und danke für den Bericht, sowas würd ich mir von Anderen (zB Freundin und Studienkollegin meiner Frau) auch wünschen…
sparta · 25. März 2025 um 15:17
Irgendwie war da zu viel los, als dass ich zum Antworten gekommen wäre – ja, theoretisch kann das alles jetzt nach der Therapie zu Ende sein. Wenn denn der Krebs dadurch gekillt wurde.
Und hätte man mir nicht schonmal versprochen, dass jetzt alles vorbei sei und es dann doch nicht so war, wäre ich vielleicht auch zuversichtlicher.
Wir werden es herausfinden, so viel steht fest.